In verschiedenen Workshops mit Schüler:innen aus ganz Europa durfte ich in den letzten Monaten erleben, welche Kraft im spekulativen Design steckt – vor allem dann, wenn junge Menschen anfangen, Zukunft buchstäblich mit den Händen zu denken. Im Rahmen der Schulbrücken Europa der Deutschen Nationalstiftung haben wir gemeinsam erkundet, wie man über Zukünfte nicht nur sprechen, sondern sie sichtbar, greifbar und diskutierbar machen kann.

Im Zentrum stand dabei die Idee eines fiktiven „Museums Europas des 21. Jahrhunderts“: einer Ausstellung, die Objekte, Geschichten und Artefakte aus den Jahren 2000 bis 2099 zeigt. Die Schüler:innen entwickelten ihre eigenen Exponate – Dinge, die in möglichen europäischen Zukünften existieren könnten, und die uns heute helfen, über gesellschaftliche Entwicklungen, Werte und Wünsche zu sprechen.
Was dabei entstanden ist, war ziemlich cool, kreativ, nachdenklich und manchmal weird zugleich:
🌿 Ein natürliches Blatt aus dem Jahr 2025, Symbol einer Welt, in der echte Pflanzen zur Rarität geworden sind.
💪 Ein PowerHub, ein Fitnessstudio, das menschliche Muskelkraft in Energie verwandelt – grüne Fitness im besten Sinne.
🌊 Aquapanels, das Gegenstück zu Solarpanels, die Regenwasser und Feuchtigkeit in Strom umwandeln.
🌿 Eine Natur-Apotheke, in der Heilkräuter und natürliche Medizin wieder das zentrale Heilmittel sind.
🤖 Ein Cyborg-Finger mit Erinnerungsspeicher, der persönliche Momente speichert und abrufbar macht.

Solche Artefakte sind keine reinen Zukunftsfantasien. Sie sind Diskussionsanlässe, die Schüler:innen einladen, über ihre eigenen Vorstellungen von Fortschritt, Technik, Gesellschaft und Zusammenleben zu sprechen. Sie machen sichtbar, welche Ängste, aber auch welche Hoffnungen junge Menschen mit der Zukunft verbinden – und wie sehr sie sich nach einer Welt sehnen, die menschlich, ökologisch und gerecht bleibt/wird.
Was mich besonders fasziniert, ist die Verbindung von Spekulativem Design und Experience Design. Denn die Jugendlichen gestalten in diesen Workshops nicht nur Objekte, sondern ganze Erlebnisse: kleine Ausstellungen mit Tickets, Führungen, kuratierten Räumen, Werbeplakaten und sogar einer „Museums-Security“. Dadurch lernen sie, wie Zukunft erzählt und erfahrbar gemacht werden kann – und wie man andere in den eigenen Denkprozess einlädt.
Genau darin liegt für mich die große Stärke dieses Ansatzes: Spekulatives Design eröffnet Erfahrungsräume, in denen junge Menschen Zukunft nicht konsumieren, sondern konstruieren. Es ermöglicht Perspektivwechsel, macht Unsicherheit produktiv und verwandelt abstrakte Themen in etwas, das man anfassen, befragen und verhandeln kann.